Psychotiker und schöne Säuferin, ein Diskophilosoph und seine Beyoncé, ein Beisl am Ende der Träume, in dem der Thomas Bernhard die Tische abräumt, Ernst Jandl den Gangstarapper macht und Werner Schwab sein finales Schnapserl kippt, Silberfischerl, die Rumba tanzen, ein Affe, der zur Vorstadttschumsenjukebox schranzt, samt Koks im Fell ... Musser&Schwamberger (Konkord 101) ist ein Gebinde voller Wiener Lieder, die keine Wienerlieder sind und auch keine mögen, und doch Lieder aus Wien sind, die Wien mögen, und entsprechend dialektisch rumpelt und schmeichelt das, anschmiegsam und zerkratzt, mit sparsamer Instrumentierung und entspannt abgehangener Stimme. Meidling, der Ottakringer Musilplatz, die Lugner City - Karl Schwamberger und Kristian Musser strawanzen durch Love-Stories aus der Peripherie, tänzeln in die Perfidie, wo dystopisch graue Gespenster am Gehstock durch ein postmigrantisches Wien irren, und feiern die euphorisierte Sommerabendstadt, die noch gschwind ein MDMA schluckt.
Dass ausgerechnet diese beiden gemeinsam eine Platte im Geiste Qualtingers, Kreislers und Mark E. Smiths mit lässig geschlenkerten Querverweisen auf das Vienna Downtempo sowie Paul Celan, Herta Müller et al. einspielen, darf im Grunde nicht verwundern: Hat doch Karl Schwamberger schon mit seinem musikalischen Projekt Laokoongruppe maßgeblich zu einer neuen Popmusik in Österreich beigetragen, mit einem Austrodiskurspop zwischen Techno und Landler, Pathos und Scharfsicht, Schlager, Klassik und Free Jazz:
"Was wie eine fiebrige Kritikerfantasie klingt, wird in Form der Einmannband Laokoongruppe wunderbare Wirklichkeit." (Gerhard Stöger/Falter) und "Kristian Musser hat als die eine Hälfte des famosen Duos Tanz Baby! den Schlager wieder salonfähig gemacht und ... dabei ein Universum erschaffen, das sich von urbaner Einsamkeit bis hin zu balkanesken Südseeträumen erstreckt." (Fm4)
Nebelwische ziehen da nicht nur durch die Schwendergasse, sie umkreisen die elf Lieder wie die BMW-Fahrer den Straßenstrich. Das klassische und auch das untote Revival-Wienerlied werden herbeizitiert und gleich wieder verschickt, textlich – ... sie singen ein Wienerlied ein modernes, das ist kritisch, aber doch auch voller Herz, voller sozialdemokratischer Fairness, schön leicht eingängig, aber sicher kein Kommerz ... für diese Trotteln, denen so ein Scheißdreck taugt ... – und auch formal, wenn ungeschliffene Sperrigkeit und Melodienseligkeit, kratziger Elektrogitarrencharme, schwer untergründige Bassdrums, rückwärts irrende Klaviere und zarte Flageoletttöne von Mussers Akustikgitarre ineinandersuchen wie ein Liebespaar im Pissoir vom Café Weidinger. Vieles geht da zusammen, Gazelle feiert den Trieb, den Liebesschwur, die 100% l'amour, die anlassige Transzendenz samt Kalauerreimen zu swingend krachender Gitarrenspiellust, Das Blaue vom Himmel zeichnet eine Apokalypse zum Fürchten im unschuldigst fragilen akustischen Intimformat. Zusammen mit dem Wiener Produzenten Martin Siewert zündeln Musser&Schwamberger in der für immer leergefegten Stadthalle, der Wind pfeift, Regen fällt, manchmal seufzt eine Klarinette, im Park flackert ein Feedback auf ...
Mit leichter Hand und schlankem Fuß skizziert man Klangteppiche, auf denen Ingeborg Bachmann, Fleischhauerbuben und Pfarrerstöchter ebenso elegant dahertanzen wie Lady Gaga und Rihanna. Zwar, wo andere nach Bologna fahren, zieht es diese zwei Herrn nach Temeschwar und Horitschon, und die Lieder sind zumeist auch Lieder, die kein gutes Ende finden, denen man nicht so richtig traut, Lieder die in Liebesglut verbrennen und sich verkaufen in der Nacht, und doch oder eben deshalb sind es Lieder, die im Gasthaus nebenan gespielt werden müssen mit einem Doppler in der Hand - und gespielt werden. Auch wenn dieses Land und seine Hauptstadt von allen guten Geistern verlassen sind, am Ende steht immer noch verlässlich über Ottakring ein Kipferlmond, im Beisl ums Eck hängen Musser&Schwamberger ihre Seelen an einen Kometenschweif – und Falco zählt ein.
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